... Schubert, eingebettet in zeitgenössische Klänge - geht das zusammen? Der junge Pianist Martin Tchiba ... stellte im Rahmen der Saarbrücker Sommermusik in der Modernen Galerie ein reizvolles Klangexperiment vor. Drei Klavierstücke des Bonner Komponisten Michael Denhoff (Jahrgang 1955) und den Einleitungssatz der Schubert-Sonate B-Dur D 960 ließ er am Samstagabend ohne Pause ineinander übergehen. ... Molto moderato: Schuberts melodische Entrücktheit, die Technisch-Virtuoses ausschließt und einzig auf Kantabilität und Leuchtkraft des Tons setzt, wirkte in dieser Kombination wie ein Trichter. Unwillkürlich drängten sich Assoziationen an ein berühmtes Morgenstern-Gedicht auf. Der musikalische Extrakt von Denhoffs "Skulptur I" bündelte sich in Schuberts innerlichem Gesang, gewann wie in einem "engen Schacht" Richtung und mündete in den "Nebenweg VI", den eine "Skulptur IV" abrundete. Tchiba, der über eine erfreulich bunte Palette von Anschlagsvarianten verfügt, machte aus dem Flügel einen rundum schwingenden Resonanzkörper. Nachhall war angesagt, Oberton-Kaskaden ballten sich zu bizarren Fresken, einfühlsame Pedalbehandlung und stummes Tasten-Drücken ... Mitunter fuhr der Pianist dem Flügel sogar mit der Hand oder dem Paukenschlegel in die Saiten: keine äußerliche Schau, sondern wohlberechnete Klangfarben-Bereicherung. Eine üppige, reich gewürzte Harmonie-Studie also - mit äußerst filigranen Effekten. ...

Peter Schröder, Saarbrücker Zeitung, Kultur, 22. August 2005


Close this window